Kunst: Hochwertige Werke aus Baden-Württemberg sind seit 1971 ständig im Verwaltungsgerichtshof Mannheim zu sehen

Kleine Kunstgeschichte im Justizpalast

Erhaben, so ist der erste Eindruck beim Betreten des Foyers des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) in Mannheim. In der Nähe der Autobahnauffahrt in der Oststadt gelegen, öffnet sich das 1951/52 errichtete Gebäude mit roter Klinkerfassade erst zögerlich.

Aber dann zeigt es sich von seiner besten Seite: Architektur der 50er Jahre mit einem Schuss "Neue Sachlichkeit", so könnte man das Konzept des Mannheimer Architekten Wilhelm Platen beschreiben. Bronzefarbene Metallleisten, bräunliche Kalksteinplatten und an die 20er Jahre erinnernde Lampen schaffen ein hochherrschaftlich wirkendes Vestibül. Hier beginnt auch eine wahrhaft sehenswerte Reise durch die Bildende Kunst in Baden-Württemberg und vor allem der Region.

Baerwind und Berger-Bergner

Denn der VGH, in dem vereinfacht gesagt Gerichtsverfahren von Bürgern gegen Behörden verhandelt werden, schmückt seit 1971 seine langen Gänge mit Gemälden, Fotografien und Skulpturen. Zumeist handelt es sich um Leihgaben des Landes Baden-Württemberg, das wie alle Bundesländer direkt von den Künstlern Werke ankauft und damit auch als Unterstützer der Kunst an sich fungiert. Aber auch Werke aus den Beständen der Kunsthalle Mannheim und der Baerwind-Stiftung finden sich hier. Und so kann man sich sozusagen eine kleine Retrospektive von Paul Berger-Bergner (1908-1974) anschauen, dem großen Lehrer und Leiter der Freien Akademie Mannheim und prototypischen Maler seiner Zeit. Seine Themen wie das großartige Bild "Automat" aus den 60er Jahren mit einer jungen Frau im Minirock, die an einem Zigarettenautomat steht, oder das eher düstere "Theaterfigur mit Perücke" faszinieren heute wie gestern.

Oder aber auch Bilder eines weiteren Mannheimers, Rudi Baerwind (1910-1982), aus dessen ?uvre acht Arbeiten aus vielen Schaffensphasen zu sehen sind, wie etwa das sehenswerte "Les murs de Paris" von 1967. Aber auch andere lokale Größen wie Walter Stallwitz mit seiner großartigen "Familie" (1979) im klassisch-ausgezehrten Stil dieser Jahre oder die durch ihre Industriebilder bekannte Elisabeth-Bieneck-Roos mit "Kraftwerk Rheinau" (1964) sind hier vertreten.

Ein großer Schwerpunkt dieser reichen Präsentation von Gemälden liegt auf junger Kunst von weniger bekannten Malern aus Baden-Württemberg. Und unauffällig wird auf drei Etagen eine kleine Kunstgeschichte von den 50ern bis heute inszeniert, mit leichtem Fokus auf den 90ern. Viele Absolventen der Akademie in Karlsruhe sind zu sehen, wie etwa Ulrike Tillmanns mit ihrem weißen Gemälde "Autodialog" (1997). Jedoch auch Zeichnungen wie etwa von Stefan Haas oder Ingolf Jännsch haben hier ihren Platz.

Im Treppenhaus stehen schließlich großartige Gemälde von Roland Ranz aus Biberach, der letztes Jahr bei PENG! ausstellte und hier mit zwei schwarzen Bildern vertreten ist. Der Farbklang des Foyers aus mattierter Bronze und bräunlichen Platten wird durch Ranz' tiefes Schwarz und eine Spur giftigen Grüns bereichert.

© Susanne Kaeppele - Mannheimer Morgen, 5. September 2008



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